Redebeitrag der FWG zu TOP 11 Haushaltsplan 2022

Freie Wählergemeinschaft Bensheim

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin Deppert, Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste,

meine Vorrednerinnen und Vorredner haben jetzt bereits mehrfach die Haushaltslage ausreichend dargelegt. Daher erspare ich Ihnen und mir Wiederholungen. Ich werde aber zu den Punkten, die die FWG anders beurteilt, Stellung nehmen.

Über den Haushaltsplan 2022 zu diskutieren ist wahrlich kein Vergnügen. Denn auch mit den im Haupt- und Finanzausschuss beschlossenen Ausgabenkürzungen sind für einen genehmigungsfähigen Haushalt Steuererhöhungen unvermeidlich.

Dauerhafte Ausgabenkürzungen in der Größenordnung von 5Mio €/ Jahr, die erforderlich wären, um auf Steuererhöhungen verzichten zu können, sind derzeit auch auf Grund vertraglicher Regelungen absolut nicht realisierbar und unrealistisch.

Demgemäß ist auch ein entsprechender Antrag der BfB im HFA abgelehnt worden.

Die Fraktionen haben naturgemäß bei den Streichungen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Die FWG wollte z.B. keine Kürzungen der Mittel für die vom KMB vorgeschlagenen Straßen Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen und keine Kürzung des städtischen Zuschusses für die Kinderbetreuung, die durch Gebührenerhöhungen ausgeglichen werden sollten.

Von den 24 Einsparungsvorschlägen der FWG sind einige durch weiterreichende Anträge der Koalition ersetzt, andere abgelehnt bzw. zurückgezogen worden.

6 Anträge fanden eine Mehrheit. Diese 6 Anträge stellen wir erneut zur Abstimmung mit der Bitte um Zustimmung durch die STVV.

Die Ausgabenkürzungen hieraus sind ebenso wie alle anderen Ergebnisse der im HFA beschlossenen Maßnahmen bereits in die aktuelle Haushaltsvorlage eingearbeitet worden.

Steuererhöhungen mag natürlich niemand. Daher muss alles darangesetzt werden, die Steuererhöhungen möglichst bald wieder zurückzunehmen oder zumindest zu reduzieren.

Dies kann aber nur gelingen, wenn die in Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen ohne Profilierungsstreben gemeinsam mit dem Magistrat und der Verwaltung unter Einbeziehung der Bürger konstruktiv und sach- und zielorientiert zusammenarbeiten.

Dabei darf es keine Tabus geben. Alle freiwilligen Leistungen und sicher auch die verwaltungsstrukturbedingten Kosten müssen auf den Prüfstand gestellt werden, damit angemessen die erforderlichen Kürzungen, Einsparungen und Optimierungen vorgenommen werden können.

Es darf aber keinen Kahlschlag bei den freiwilligen Leistungen geben, was auch sicher niemand will.

Der Leitfaden hierfür ist das zu beschließende Haushaltssicherungskonzept mit den Ergänzungen aus dem Antrag der Koalition.

Die Konsolidierung des Haushalts kann – realistisch betrachtet – nur mittel- bis langfristig erfolgen. Vorgesehen ist dafür der Zeitraum bis Ende 2025. Als kontinuierlicher Prozess sollte damit bereit im Januar des kommenden Jahres begonnen werden.

Ein entsprechendes Signal zur Konsolidierung erwarten auch die Unternehmen, wie in einem Gespräch der Fraktionen mit der Wirtschaftsvereinigung Bensheim deutlich gemacht wurde.

Bisher wird ein wirklicher Willen der Stadt zur Haushaltssanierung vermisst bzw. ist nicht erkennbar.

Es ist aus Sicht der FWG müßig, nach einzelnen Schuldigen für die Schieflage des Haushaltes zu suchen. Das ist contra-produktiv, bringt uns nicht weiter und lähmt eher. Nüchterne Analyse und beherztes Handeln sind gefragt.

Dennoch eine Anmerkung hierzu: Unsere Bürgermeisterin, die fast genau ein Jahr im Amt ist, hat an der Haushaltsmisere, die über viele Jahre auch auf Grund von Mehrheitsbeschlüssen der Stadtverordneten entstanden ist, sicherlich keinen Anteil.

Sie hat von ihren Vorgängern dieses und eine Vielzahl anderer Probleme geerbt. Erschwerend kommen noch die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie hinzu.

Zu erwarten, sie allein könne die Probleme der Stadt im Handumdrehen lösen, ist naiv und Wunschdenken.

Die Erwartung ist jedoch, dass sie sich bei der Lösung der Probleme massiv einbringt, Zeichen setzt und Empfehlungen und Vorschläge für die einzuschlagende Richtung der Entwicklung der Stadt macht.

Hinweisen möchte ich im Zusammenhang „Haushaltssanierung“ auf den Kommunalkompass: „Tipps zum Sparen in der Kommune“ des Bundes der Steuerzahler, den einige von Ihnen vielleicht kennen.

Auf über 100 Seiten sind dort Konsolidierungsvorschläge für die Gemeinde- und Stadthaushalte zusammengestellt mit Tipps insbesondere für uns ehrenamtliche Kommunalpolitiker. (www.steuerzahler.de)

Das FWG-Team hat sehr eingehend das Für und Wider einer Zustimmung zum Haushalt diskutiert. Eine Ablehnung käme u.E. einer Bankrotterklärung der Stadtverordneten gleich.

Mehrheitlich sind wir daher zu der Entscheidung gelangt, der jetzt vorgelegten Haushaltssatzung, dem Haushaltsplan inklusive des Investitionsprogrammes und dem Haushaltsicherungskonzept mit den beschlossenen Änderungen zuzustimmen.

Den Stellenplan werden wir jedoch ablehnen, da eine Erhöhung der Anzahl der Stellen ohne Kenntnis der Auswirkung aus dem Haushaltssicherungskonzept u.E. nicht zu rechtfertigen ist.

In einer Wortmeldung des Personalrates der Verwaltung im BA von heute mit dem Titel „Personalrat der Stadt kritisiert politische Debatte“ heißt es u.a.: Zitat: „Die fehlende Wertschätzung gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen wollen wir nicht länger hinnehmen“ und – Zitat-: „die Diskussionen um den aktuellen Stellenplan werde erneut auf dem Rücken der Mitarbeitenden ausgetragen“ und – Zitat – „Die Verwaltung arbeite seit Jahren über ihre Belastungsgrenze hinaus, was sich in vielen Überstunden und einem hohen Krankenstand widerspiegele.“ Befürchtet werden eine weite ansteigende Fluktuation und noch höhere Krankenstände.

Wir sehen diese Aussagen als Alarmzeichen und Hilferuf der Mitarbeiter und Hinweis darauf, dass die Verwaltungsspitze seit Jahren – insbesondere die vorherigen Bürgermeister – die Signale ignoriert und Mitarbeiter nicht ausreichend ernst genommen und wertgeschätzt haben.

Hohe Krankenstände und viele Überstunden sind sicher auch in der Verwaltung wie in der freien Wirtschaft massive Hinweise dafür, dass es gravierende Mängel in der die Mitarbeiterführung und in der Ablauforganisation gibt, die mit Priorität abzustellen sind.

Durch Personalaufstockungen lassen sich derartige Mängel nicht beseitigen, sondern führen eher zur Verschleierung der Probleme und nicht zu deren Lösung.

Für die FWG-Fraktion betone ich – dies gilt sicher ebenso für die meisten – wenn nicht für alle Stadtverordneten – gibt es Wertschätzung für die Arbeit der Mitarbeiter der Verwaltung und wir haben großes Interesse daran, dass die vom Personalrat genannten Probleme zügig bearbeitet und gelöst werden. Das Haushaltssicherungskonzept kann ein Weg dazu sein.

Zum Abschluss eine Bitte an uns alle: Lassen Sie uns nicht die Beratungen aus dem HFA wiederholen, sondern möglichst ohne weitere Diskussion über die vorliegenden Änderungsanträge abstimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

RT/ 16.12.2021

Hinweis: Es gilt die wörtliche Rede